Latine lege!

Ein erdolchter Bär? Elefanten auf dem Tisch? Ein numidischer Löwe zu Füßen eines Achtklässlers? Bilder wie auf einer Wäscheleine gezogen? Schwertkämpfe zwischen Schülern? Und zum Schluss noch Kekskrümel und mit goldenem Plastik gekrönte Sieger? Und das alles in den heiligen Hallen unserer Schulbibliothek???

Dies alles erlebten wir am letzten Tag vor den Osterferien in der ersten und zweiten Stunde. Die Fachschaft Latein hat die Siebt- und Achtklässler zum lateinischen Lesewettbewerb geladen, und neun Gruppen sind dieser Einladung gefolgt und haben sich angemeldet.

Ein Lesewettbewerb in lateinischer Sprache, wird sich nun der eine oder andere fragen. Wie soll man denn einen Text verstehen, wenn er auf Lateinisch vorgelesen wird?

Unsere Antwort darauf lautet: Man kann einen Text verstehen, der auf Lateinisch vorgetragen wird, besonders dann, wenn er so liebevoll mit Bildern oder Szenen untermalt wird, wie die beiliegenden Fotos belegen.

Schülerinnen und Schüler sollten sich in Dreiergruppen zusammenfinden, sich einen Text aus dem Lehrbuch „Via mea“ auswählen und daraus einen Ausschnitt von ca. drei Minuten vortragen. Der Vortrag eines Gruppenmitglieds wurde von den beiden anderen in Szene gesetzt oder mit Abbildungen illustriert. Lust und Energie, sich dieser Aufgabe zu stellen, hatten aus den Jahrgängen 7 und 8 Jungen wie Mädchen, Erstfremdsprachler wie Zweitfremdsprachler.

Wir, das Team (Frau Struth, Frau Thimme, Herr Sense), waren am Freitagmorgen nicht wenig überrascht, als die Schülerinnen und Schüler in die Bibi eintrudelten. Da wurden Kisten mit herangeschleppt und Rollkoffer, Gardinenstangen vorbereitet, überdimensionale Kuscheltiere an die passende Stelle gesetzt. Die Jugendlichen haben keinen Aufwand und keine Mühen gescheut, ihren Text so darzustellen, dass auch Zuhörer, die des Lateinischen nicht im erforderlichen Maße mächtig waren, ihre Freude am Vortrag hatten. Keiner hatte Angst, vor der doch recht großen Zuhörerschaft aus Mitschülern und Lehrern aufzutreten.

Und der Vortrag an sich? Schließlich handelte es sich doch um einen Lesewettbewerb…

Auch hier zeigte sich die sorgfältige Vorbereitung des Schülerinnen und Schüler und das intensive Auseinandersetzen mit dem ausgewählten Text. Alle trugen mit sehr viel Sachverstand ihren jeweiligen Abschnitt vor, Sinneinheiten waren gut zu erkennen. Wenn der Inhalt an Spannung zunahm, spürten die Zuhörer dies an einer wachsenden Dramatik im stimmlichen Ausdruck.

Wir haben an diesem Freitagmorgen eine neue Seite des Lateinunterrichts in den Vordergrund gestellt und sind durch den Einsatz der Schülerinnen und Schüler reich belohnt worden!

Einen Sieger zu küren ist der Jury Jihee, Christina und Emily (Latein-Leistungskurs Q4) nicht leicht gefallen. Den goldenen Lorbeerkranz durfte sich schließlich eine Gruppe aufsetzen, die sich mit einem Text auseinandergesetzt hat, der sich um Augustus, den ersten römischen Kaiser, drehte: In seinem Tatenbericht stellt sich Augustus als der Friedensschaffer des römischen Reiches dar, er sorgte nicht nur für ein friedliches Leben der Bürger seines Reiches, sondern ließ die Stadt Rom zu einer prächtigen Metropole erweitern. Viele Details aus diesem Text, der auch kritische Töne zur Herrschaft des Augustus beinhaltete, haben Mattis Huici-Weber, Hannes Scheib und Jakob Ried anschaulich in Szene gesetzt zu einem Vortrag von einer Qualität, die einen zukünftigen Nachrichtensprecher erahnen lässt. Den ersten Preis, eine individuell gestaltete Tasse und eben den goldenen Lorbeerkranz, haben die drei sich redlich verdient.

Der Reigen der Themen war sehr vielseitig: Historische Themen (Augustus, Konstantin und die Schlacht an der Milvischen Brücke, Römer in Germanien und Hannibal) und Mythologisches (Der Raub der Proserpina, Europa und der Stier, Kampf um Troja) sowie ein Abstecher in den römischen Alltag (Schule in Rom) wechselten einander ab.

Dass wir den Lesewettbewerb in einem so schönen und feierlichen Rahmen veranstalten konnten, haben wir zum einen Frau Lomosik zu verdanken, die uns als „Bibliotheksmama“ mit Rat und Tat zur Seite stand. Unser Dank geht auch an den Freundeskreis der Diltheyschule, der sich gerne und aus voller Überzeugung für die Sache bereiterklärt hat, die Preise für den Wettbewerb zu finanzieren.

Der erste Lesewettbewerb Latein war eine runde Sache, und wir hoffen, dass sich diese kleine Veranstaltung fest etablieren wird und wir uns auch im nächsten Jahr wieder auf interessante Beiträge freuen können.

Dagmar Thimme